Bildungssystem
- Details
Die Anfänge des Schul- und Bildungswesens auf dem Gebiet Kroatiens reichen zurück bis ins 10. Jahrhundert und waren bis zum 18. Jahrhundert eng an Kirche und Klerus gebunden. Eine systematische Ausbildung des Volkes begann während der Herrschaft von Maria Theresia, die mit ihrem im Jahr 1774 erlassenen Hofdekret zur Allgemeinen Schulordnung eine Schulreform in Gang setzte, deren Schwerpunkte im Bereich der Grundschulausbildung lagen.
Seitdem musste in jedem Ort, in dem es eine Pfarrkirche gab, auch eine Volksschule errichtet werden, und alle Kinder im Alter von 7. bis zum 12. Lebensjahr waren verpflichet, diese zu besuchen. Im selben Jahr wurden in Bjelovar, Petrinja und Karlovac die ersten Lehrerbildungskurse organisiert. Die erste öffentliche staatliche Mittelschule für Lehrerbildung wurde 1849 in Zagreb errichtet. Im Jahr 1874 verabschiedete der kroatische Sabor das erste kroatische Schulgesetz, durch das die fünfjährige Pflichtschulbildung geregelt wurde und anstelle des bis dahin geltenden Deutschen, das Kroatische zur obligatorischen Unterrichtssprache wurde. Ab 1945 gab es eine siebenjährige Schulpflicht, seit 1958 gilt die achtjährige Schulpflicht für alle Kinder im Alter von 7 bis 15 Jahren.



Gemäß kroatischem Bildungssystem beginnt die heutige Ausbildung in den Einrichtungen der vorschulischen Erziehung. Diese umfassen Kindergärten der lokalen Selbstverwaltung (bzw. städtische und Gemeindekindergärten), private Kindergärten (diese werden von natürlichen Personen, Religionsgemeinschaften oder Vereinen geführt) sowie Einrichtungen, wie Bibliotheken, unterschiedliche Vereine und Grundschulen, in denen Vorschulprogramme und kurze Erziehungsprogramme durchgeführt werden. Kindergärten sind für ganztägige oder kürzere Betreuungsprogramme zuständig, in denen Bildung und Erziehung, Gesundheitsschutz, Ernährung und soziale Fürsorge für Kinder im Alter von sechs Monaten bis zum schulpflichtigen Alter abgedeckt werden. Im Jahr 2022 besuchten 81,2 % aller Kleinkinder die Kindergärten und alle Kinder besuchten die Vorschule (ein Jahr vor dem Schulstart, Pflicht seit 2014).
Im Alter von sechseinhalb Jahren beginnen Kinder mit ihrer Pflichtschulbildung, die 8 Jahre dauert. Für diejenigen, die älter als 15 sind und die Grundschule nicht abgeschlossen haben, steht das System der grundschulischen Erwachsenenbildung zur Verfügung.
Nach der abgeschlossenen Grundschule ist es möglich, die weiterführende Schulausbildung an den nicht obligatorischen Mittelschulen (Sekundarstufe II) fortzusetzen. Dem Lehrplan nach werden die Mittelschulen in Gymnasien, Berufsfachschulen (für Technik, Industrie und Handwerk) und in künstlerische Mittelschulen (für Musik, Tanz und bildende Kunst) unterteilt. In Gymnasien wird nach einem auf Allgemeinbildung ausgerichteten Lehrprogramm unterrichtet. Das Gymnasium dauert 4 Schuljahre und endet mit einer obligatorischen Abschlussprüfung – dem Zentralabitur. Die Schulbildung an den beruflichen Fachschulen und an den künstlerischen Mittelschulen kann zwischen einem und fünf Schuljahren dauern und endet in der Regel mit der Anfertigung und Verteidigung einer Abschlussarbeit. Für Schüler, die eine vierjährige Mittelschulausbildung abgeschlossen haben, bietet sich zudem die Möglichkeit, zusätzlich das Zentralabitur abzulegen. Seit 2010 bilden die Ergebnisse des Zentralabiturs die Grundlage für die Zulassung der Kandidaten zum Studium an hochschulischen Einrichtungen. Neben den Mittelschulen existieren berufliche Weiter- und Fortbildungsprogramme sowie Schulen für Erwachsenenbildung. Der Besuch der achtjährigen Grundschule und der staatlichen Mittelschule ist kostenlos.



Die Hochschulbildung findet an den Hochschuleinrichtungen im Rahmen der universitären und fachhochschulischen Studiengängen statt. Die Hochschuleinrichtungen sind in Fachhochschulen, Hochschulen für angewandte Wissenschaften, Fakultäten und Kunstakademien unterteilt. Bis 2005 wurden alle Studienprogramme mit den Anforderungen des Bologna-Prozesses zur Schaffung eines gemeinsamen Europäischen Hochschulsystems abgestimmt.
Das Universitätsstudium qualifiziert die Studierenden zur Ausübung von Tätigkeiten im Bereich der Wissenschaft und im Hochschulwesen, in der Wirtschaftswelt, im öffentlichen Dienst und in der Gesellschaft. Die universitären Studiengänge werden an den Universitäten, die jeweils mehrere Fakultäten umfassen, angeboten und durchgeführt. Dem universitären Niveau nach werden diese Studiengänge als Vordiplom-, Diplom- und Postgraduiertenstudien eingestuft. Nach dem abgeschlossenen Vordiplomstudium mit einer Dauer von drei bis vier Jahren erwerben die Studierenden den akademischen Titel des universitären Bachelor (univ. bacc.) und nach dem anschließenden ein- oder zweijährigen Diplomstudium den akademischen Titel eines Masters (mag.). Das universitäre Promotionsstudium dauert drei Jahre und schließt mit der öffentlichen Verteidigung einer Dissertation ab, wonach der akademische Grad des Doktors der Wissenschaften (dr.sc.) oder des Doktors der Künste (dr.art.) erworben wird.
Ein Fachstudium vermittelt den Studierenden bestimmte Kenntnisse und Fertigkeiten, die für die Ausübung ihrer jeweiligen fachberuflichen Tätigkeit erforderlich sind. Die Fachstudiengänge mit einer Dauer von zwei bis drei Jahren werden an den Fachhochschulen oder den Hochschulen für angewandte Wissenschaften angeboten, können aber auch an den Universitäten stattfinden. Nach dem abgeschlossenen Fachstudium erwirbt man den Titel eines Bachelors (bacc.). Für Studierende, die ein Fachstudium oder ein universitäres Vordiplomstudium absolviert haben, bieten die Fachhochschulen oder Hochschulen für angewandte Wissenschaften ebenso ein aufbauendes Spezialisierungs-Diplomfachstudium mit einer Dauer von einem bis zwei Jahren an. Nach Abschluss eines solchen Studiums erlangt man den Titel des Fachspezialisten (struč. spec.). Die Universitäten bieten bedarfsweise ein ein- oder zweijähriges postgraduales Spezialisierungsstudium an. Hiernach wird den Postgraduierten der Titel des ‚universitären Spezialisten" (univ. spec.) mit Anführung des Spezialisierungsbereiches verliehen.
Die Mittelschüler haben seit mehreren Jahren viel Erfolg bei internationalen Wissensolympiaden in den Naturwissenschaften und in der Mathematik.
Gewonnene Medaillen bei internationalen Wissensolympiaden 2019–2022
Naturwissenschaft | Mathematik | Informatik | Biologie | Physik | Chemie |
---|---|---|---|---|---|
3 Silber, 3 Bronze | 3 Bronze | 2 Silber, 2 Bronze | 2 Bronze | 2 Bronze | 4 Bronze |
Wegen COVID-19-Pandemie gekündigt | 3 Silber, 2 Bronze | 1 Gold, 2 Silber, 1 Bronze | 1 Silber, 2 Bronze | Keine Teilnahme | |
2 Silber, 4 Bronze | 1 Gold, 2 Silber, 3 Bronze | 1 Gold, 1 Silber, 1 Bronze | 1 Bronze | 2 Silber, 1 Bronze | 1 Bronze |
4 Silber, 2 Bronze | 1 Silber, 4 Bronze | 2 Gold, 1 Bronze | 2 Bronze | 1 Silber, 3 Bronze | 1 Bronze |
Die Hochschulbildung in Kroatien erfreut sich einer langen Tradition. Die erste Universität wurde im Jahr 1396 in Zadar gegründet, ein Jahrhundert bevor das dominikanische Studium in den Rang der studia generalia mit allen universitären Rechten und Privilegien erhoben wurde. Die Anfänge der Universität Zagreb gehen zurück auf das Jahr 1669, als König Leopold die Zagreber Jesuitenakademie in den Rang einer Universität emporhob. Durch das Dekret der Kaiserin Maria Theresia wurde im Jahr 1776 in Zagreb die Königliche Akademie der Wissenschaften gegründet, die anfangs drei Fakultäten umfasste – die Theologische und Philosophische Fakultät sowie die Fakultät für Rechtswissenschaften. Die moderne Universität Zagreb wurde im Jahr 1874 gegründet und bestand damals aus der Fakultät für Theologie, der Fakultät für Rechtswissenschaften und der Philosophischen Fakultät. Heute ist das die größte Universität des Landes und umfasst 31 Fakultäten und 3 Akademien (Theater, Kunst, Musik) sowie etliche Universitätszentren. Neben der Zagreber Universität wirken in Kroatien auch die Universitäten in Dubrovnik, Koprivnica, Pula, Rijeka, Osijek, Split und Zadar sowie die Kroatische Katholische Universität Zagreb.
Insgesamt sind heute 91 öffentliche und 28 private Hochschuleinrichtungen in Kroatien tätig. Die Mehrzahl, d.h. 81,3 Prozent der Studierenden nehmen an universitären Lehrveranstaltungen und Studiengängen an den Fakultäten teil.
Im akademischen Jahr 2021/2022 waren an den Hochschuleinrichtungen 155.627 Studierende immatrikuliert, 33.415 Studierende erwarben ihr Diplom. In insgesamt 24 Studentenwohnheimen konnten 13.424 Studierende untergebracht werden.
Im akademischen Jahr 2021/2022 befanden sich 3.987 Doktoranden im Promotionsverfahren und 1.463 Postgraduierte besuchten die postgradualen Aufbaustudien oder Spezialisierungsstudiengänge. Im Jahr 2021 promovierten insgesamt 737 Doktoranden, und 521 Postgraduierte schlossen entweder ihre Postgraduiertenaufbaustudien ab oder erlangten den Titel "universitäre Spezialisten".
Im akademischen Jahr 2021/2022 wurden die Lehrveranstaltungen an Hochschuleinrichtungen von insgesamt 18.892 Lehrenden und wissenschaftlichen Mitarbeitern abgehalten, wobei 11.182 Universitätslehrkräfte einen Doktortitel haben.