Tourismus
Obwohl Kroatien in Bezug auf die Anzahl der Touristenankünfte mit den Tourismus-Großmächten wie Frankreich, Spanien, Italien, die Türkei oder Griechenland nicht Schritt halten kann, zählt es mit seinen etwa 18,9 Millionen touristischen Ankünften im Jahr 2022 und mit einem mehrjährig verzeichneten Aufwärtstrend bei den Ankünften zweifellos zu den meist besuchten Mittelmeerländern.
Seit 2000 hat sich die Zahl der Übernachtungen verdoppelt. Dafür sprechen auch mehrere im letzten Jahrzehnt festgestellte Phänomene , wie: "die Entdeckung" Kroatiens in zahlreichen Beiträgen führender internationaler Zeitschriften und anderer Medien, in denen die Natur- und Kulturattraktionen Kroatiens lobend hervorgehoben werden; die evidente Zunahme von Touristenankünften aus immer mehr neuen Herkunftsländern; der bedeutende Anteil des Tourismus am kroatischen BIP (20 %); eine wachsende Zahl geschützter materieller und nicht-materieller Kulturgüter. Ferner lassen sich u.a. auch steigende Kapitalanlagen in die touristische und begleitende Infrastruktur sowie das immer vielfältigere touristische Angebot verzeichnen.
Der Tourismus ist zweifellos die einträglichste Einnahmequelle, insbesondere in der Küstenregion. Dort ist nämlich die Einteilung aller Jahresaktivitäten in die Aktivitäten "innerhalb der Saison" und in die Aktivitäten "außerhalb der Saison" allgemein anerkannt. Die touristische Sommersaison, die hauptsächlich von Anfang Juni bis Ende September dauert, ist die wichtigste Triebfeder für die Entwicklung dieser touristisch aktivsten Gegend, in welcher 104,8 Millionen Übernachtungen im Jahr 2022 verzeichnet wurden (mehr als 90 % aller Übernachtungen in Kroatien). Von der Gesamtzahl aller Übernachtungen entfielen 88 Prozent auf Übernachtungen ausländischer Touristen. Der Großteil der Übernachtungen ausländischer Gäste (28,2 %) wurde in der Gespanschaft Istrien realisiert, die auch hinsichtlich ihrer ausgebauten Infrastruktur touristisch am weitesten entwickelt ist. Ihr folgen weitere Gespanschaften der Küstenregion: Split-Dalmatien (17,5 %), Primorje-Gorski Kotar (16,6 %), Zadar (14,2 %), Dubrovnik-Neretva, Šibenik-Knin und Lika-Senj (insgesamt 17,1 %). Die restlichen, d.h. die kontinentalen Gespanschaften realisieren 4,4% aller ausländischen Übernachtungen. Dementsprechend sind auch die Unterkunftskapazitäten hauptsächlich längs der adriatischen Küste verteilt. Die meisten Übernachtungen werden in Ferienzimmern, Apartments und Urlaubshäusern (44 %) realisiert, gefolgt von Hotels (25 %) und Campingplätzen (23 %).
Geschichtlicher Überblick. Kroatien blickt auf eine ungefähr 150 Jahre lange Tradition des organisierten Fremdenverkehrs zurück, obwohl bestimmte tourismus-ähnliche Reiseformen auch vorher, schon Anfang des 19. Jahrhunderts, existierten (wie Wallfahrten und Kurreisen), zu deren Zweck dann die ersten Gasthöfe, Herbergen, Hotels und Thermalheilbäder errichtet wurden (Daruvarske toplice, Stubičke toplice und Varaždinske toplice).
Der Zeitraum von der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg war durch den Ausbau von Straßen und Eisenbahnstrecken sowie durch die Einführung von Dampfschiffslinien auf der Adria, als wichtige Voraussetzungen für eine ernsthafte Beschäftigung mit dem Tourismus, gekennzeichnet. Damals wurden die ersten Hotels eröffnet, zuerst in Opatija (Villa Angiolina 1844 und Kvarner 1884), dann in Zagreb, Samobor, Zadar, Crikvenica, Dubrovnik und in anderen Städten. Es wurden die ersten Reiseführer verfasst (schon 1845 für Poreč und Pula) und 1892 begann man in Zagreb organisierte Forschungsreisen ins Velebit-Gebirge und an die adriatische Küste zu veranstalten. Die Küstenortschaften (insbesondere diejenigen in der Kvarner-Bucht) wurden zu Zentren des Heiltourismus, in denen folglich die ersten touristischen Fremdenverkehrsvereine gegründet wurden (1866 in der Stadt Krk und 1868 auf der Insel Hvar).
In der Zwischenkriegszeit erfreute sich der Tourismus eines ungeheuren Aufschwungs mit durchschnittlich einer Million Touristenankünften pro Jahr (um 1930). Es wurden obligatorische Aufenthaltsgebühren eingeführt und Wechselstuben eröffnet. Die dem Tourismus gewidmeten Fachzeitschriften wurden publiziert und die ersten inländischen und internationalen Fluglinien eingerichtet.
Über den Tourismus als Massenphänomen kann man seit etwa sechzig Jahren sprechen. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es zuerst zum Wiederaufbau der durch Kriegsverwüstungen zerstörten touristischen Infrastruktur und zu ihrer Nationalisierung. Gleichzeitig begann man mit der Gründung von Nationalparks und Naturparks sowie mit der Gründung von Theater-, Film- und Musikfestspielen (Dubrovniker Sommerspiele, Der Spliter Sommer, Pula Filmfestival u.a.). Während der wirtschaftlichen Expansion in den 1960er Jahren begann man in erster Linie an der adriatischen Küste, aber auch im Landesinneren mit dem Ausbau von zahlreichen touristischen Einrichtungen – Hotels, Marinas, Campingplätzen, ja sogar von ganzen touristischen Siedlungen (Thermalbäder in Hrvatsko zagorje und in Slawonien, Teile der Nationalparks in Lika und in Gorski Kotar). Ein für den Tourismus äußerst bedeutendes Jahr war das Jahr 1979, als die ersten drei Lokalitäten Kroatiens in die UNESCO-Weltkulturerbeliste aufgenommen wurden (der Diokletianpalast in Split, die Altstadt von Dubrovnik und der Nationalpark Plitvicer-Seen).
Mit der Umstrukturierung und Privatisierung von touristischen Unternehmen veränderte sich Anfang der 1990er Jahre auch ihre Eigentumsstruktur. Aufgrund der Kriegsgefahr und der blockierten Verkehrsverbindungen zwischen dem Landesinneren und den Küstengebieten starb der Tourismus während des Heimatkrieges beinahe aus. In den touristischen Beherbergungsbetrieben wurden zahlreiche Vertriebene aus allen Teilen Kroatiens sowie Flüchtlinge aus dem benachbarten Bosnien und Herzegowina untergebracht. Einen neuen Aufschwung erlebte der Tourismus in der Zeit nach 1995 und ganz besonders nach dem Jahr 2000. Seitdem verzeichnen zahlreiche kroatische Ortschaften einen starken Zuwachs ausländischer Touristen und Kroatien selbst wird an der Spitze der touristischen Nachfrage positioniert.
Umsatz und Reisegäste. In den letzten dreißig Jahren lassen sich in der Tourismusindustrie drei kennzeichnende, ganz und gar unterschiedliche Etappen feststellen. In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre wurde der gleichmäßige Wachstumstrend hinsichtlich der Anzahl der Gästeankünfte fortgesetzt, wodurch die Anzahl von 10 Millionen Touristenankünften überschritten wurde. Danach folgte die Etappe des Heimatskrieges, während der die Anzahl der Ankünfte verständlicherweise blitzschnell zurückging (in den Jahren 1991 und 1992 wurden weniger als 2,5 Millionen Touristenankünfte verzeichnet). In der Nachkriegszeit begann diese Zahl wieder zu steigen. Im Jahr 2019 konnten 20 Millionen Ankünfte bzw. etwa 91 Millionen Übernachtungen verzeichnet werden. Wegen der Corona-Pandemie ging in 2020 die Zahl der touristischen Ankünfte in Kroatien wie in anderen touristischen Destinationen deutlich zurück (7 Millionen).
Von 1980 bis heute ist der Anteil ausländischer Touristen nach wie vor größer als derjenige inländischer Touristen, wobei die meisten Gäste schon traditionell aus Deutschland, Slowenien (ehemalige Inlandstouristen), Österreich, Italien, Tschechien und aus der Slowakei (früher Tschechoslowakei) kommen. Seit etwa zehn Jahren ist die Zahl der Touristen aus Polen, Holland, Großbritannien, Ungarn, Frankreich und auch aus den Überseeländern angestiegen.
Neben der schon erwähnten intensiver betriebenen Werbung, die sicherlich dazu beigetragen hat, dass im letzten Jahrzehnt das Interesse an Kroatien zugenommen hat, spielten bei der Vervollständigung der Herkunftsstruktur ausländischer Gäste durch neue Touristengruppen sowohl die Einführung von Billigfluglinien als auch ein vielfältiges Angebot an preiswerten Unterkunftsmöglichkeiten für die Touristen mit geringerer Zahlungskraft eine bedeutende Rolle. Durch die Entwicklung der Kreuzfahrtbranche an einigen Reisezielen (insbesondere in Dubrovnik) und seit Eröffnung und Kapazitätenerweiterung vieler Marinas besuchen Kroatien andererseits von Jahr zu Jahr auch immer mehr Touristen mit höherer Kaufkraft. Gemessen an der Ankunfts- und Reiseart überwiegen auch weiterhin die Individualreisen (72 %). Nur 28 % der Besucher entscheidet sich für organisierte Pauschalreisen. Im Durchschnitt halten sich die Touristen in Kroatien 5 Tage auf, dabei etwas länger im Sommer und kürzer zu anderen Jahreszeiten.